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iedersachsens Umweltminister Olaf Lies hat nach seiner zweitätigen Delegationsreise in die Schweiz zum Thema Endlager eine positive Bilanz gezogen. „Der Blick über den eigenen Tellerrand lohnt immer. Nach Finnland und Frankreich haben wir uns nun in der Schweiz über den Stand des Endlagersuchprozesses informiert, die Felslabore Grimsel und Mont Terri besichtigt und intensive Gespräche geführt. Unser Augenmerk lag vor allem auf dem Partizipationsprozess. Die Schweizer haben viel früher als wir mit einer transparenten und wissenschaftsbasierten Standortsuche begonnen und befinden sich aktuell bereits in Phase 3 des Standortauswahlverfahrens, d.h. in der Schweiz finden bereits Regionalkonferenzen in potentiellen Standortregionen statt. Von diesen Erfahrungen können wir profitieren“, sagte Lies wieder zurück in Hannover.

Vor allem habe sich gezeigt, wie wichtig eine frühe Kommunikation in diesem gesamten Suchprozess sei. „Wir können aus der Schweiz viele gute Ansätze mitnehmen. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass sich Teile der Gesellschaft jahrelang engagieren. Daher finde ich eine Aufwandsentschädigung durchaus angemessen. Vor allem aber hat sich gezeigt, dass nur ein dauerhafter, transparenter und partizipativer Dialog am Ende die Grundlage für Vertrauen in behördliche Entscheidungenschafft“, betonte Lies. Dieses Vertrauen gelte es, sich zu erarbeiten. „In Niedersachsen blicken wir mit Gorleben und der Asse auf eine bewegte Geschichte der Auseinandersetzung um die richtigen Ziele und Wege in der Entsorgung dieser gefährlichen Abfälle zurück. Wir wissen, dass nur durch absolute Transparenz und Offenheit und unter Einbeziehung aller Stimmen das für das Gelingen des Vorhabens notwendige Vertrauen gewonnen werden kann.“ Die große Herausforderung in Deutschland sei es, verloren gegangenes Vertrauen im Endlagersuchprozess wieder herzustellen.

Minister Olaf Lies: „Wir als Land Niedersachsen haben in dem Verfahren ganz bewusst eine aktive Rolle übernommen. Wir werden im Interesse des Landes und seiner Bürger dazu beitragen, dass es ein ergebnisoffener und an wissenschaftlicher Grundlage und Transparenz orientierter Prozess sein wird. Dabei setzen wir einen Schwerpunkt bei der Beteiligung aller Teile der Öffentlichkeit. Nur unter Berücksichtigung vor allem der kritischen Fragen kann der Prozess gelingen. Jede kritische Frage wird den Prozess am Ende besser und sicherer machen.“ Den Schweizer Ansatz, sich bei der Bürgerbeteiligung vor allem auf die obertägigen Fragen zu fokussieren, kann sich Lies allerdings nicht vorstellen. „Das kann ich mir bei uns gar nicht vorstellen. Wir müssen bei der Endlager-Frage eine Debatte von oben bis in die Tiefe führen.“

Auch auf der Ebene der Wissenschaftsförderung gelte es, die geowissenschaftlichen und soziotechnischen Erfahrung der Schweiz noch stärker zu nutzen und Niedersachsen als Forschungsstandort zu stärken. „Die Besuche in den Felslaboren Grimsel und Mont Terri waren hoch spannend. Das Felslabor Grimsel wurde 1983 als Untertagelabor im kristallinen Gestein zur Erforschung der sicheren Tiefenlagerung radioaktiver Abfälle eröffnet. Das Felslabor Mont Terri ist seit 25 Jahren eine internationale Forschungsplattform zur geologischen Tiefenlagerung in Tongesteinen. In beiden Felslaboren werden unterschiedlichste Experimente zur sicheren Lagerung von radioaktiven Abfällen, Versiegelung von Schächten und Tunneln oder Langzeitüberwachungen durchgeführt. Ich sehe noch viel Forschungsbedarf. Es ist absolut notwendig, dass die möglichen Wirtsgesteine jeweils auch in Kombination mit möglichen Behältern für die atomaren Abfälle bewertet werden.  Hier können und wollen wir von den Arbeiten profitieren, die auch die deutschen Forschungseinrichtungen in den Schweizer Felslaboren erarbeitet haben und noch erforschen.“

Minister Lies zieht positive Bilanz seiner Informationsreise in die Schweiz

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Welche Gesteinsformationen kommen in Frage?

Tonstein

Tonsteine gehören zur Gruppe der Sedimentgesteine, die aus älteren Gesteinen durch Prozesse der Verwitterung, der Erosion, des Transports und anschließender Sedimentation und Verfestigung hervorgegangen sind. Durch Ablagerung in ruhigen Gewässern, z. B. in küstenfernen Bereichen von Seen und Meeren sowie in Stillwasserbereichen von Flusssystemen bilden sich zunächst unverfestigte Tone. Sie entstehen, wenn gröbere und schwerere Körner bereits sedimentiert wurden und nur noch die feinen, im Wasser schwebenden Ton-Partikel in ruhige, strömungsarme Bereiche gelangen und sich dort absetzen können. Tone werden zu Tonsteinen, indem sie durch zunehmende Überlagerung von anderen Sedimenten immer stärker kompaktiert und verfestigt werden.

Tonsteine unterscheiden sich von den übrigen Sedimentgesteinen dadurch, dass sie überwiegend aus Partikeln mit der kleinsten Korngröße, der Tonfraktion (< 0,002 mm), bestehen. Bei den zumeist plattigen Ton-Partikeln handelt es sich hauptsächlich um die sogenannten Tonminerale, wie z. B. Kaolinit, Montmorillonit und Illit. Diese sind bei der chemischen Verwitterung neu entstanden. Untergeordnet bestehen Tonsteine auch aus mechanisch oder chemisch zerkleinerten Fragmenten von Mineralen wie beispielsweise Quarz,Muskovit, Feldspat und Karbonat. Geringfügige Beimengungen von beispielsweise Limonit, Hämatit, Chlorit oder auch organische Kohlenstoffverbindungen sind für die unterschiedlichen Farben (grau, schwarz, rot, grün) von Tonsteinen verantwortlich.

Tonsteine verfügen über eine hohe Dichtheit. Sie sind aufgrund ihrer feinen Körnung nur schwer durchlässig für Flüssigkeiten und Gase und wirken im geologischen Untergrund somit als Barrieregesteine. Darüber hinaus sind sie aufgrund der Struktur und der großen Oberfläche der Tonminerale in der Lage, Ionen - z. B. Schwermetalle oder Radionuklide -  reversibel zu binden. Man spricht hier auch von Adsorption. Im Kontakt mit Wasser reagieren Tonminerale quellfähig und sind dadurch in der Lage, Risse zu schließen.

Als Tonsteinformation ist eine oft mehrere Meter bis über hundert Meter mächtige Abfolge von Tonsteinen zu verstehen. Da in der Natur keine reinen Tonsteine in so großen Mächtigkeiten vorkommen, sind insolchen Formationen häufig geringfügige Beimengungen oder geringmächtige Lagen aus sandigem, siltigem, karbonatischem, organischem oder sonstigem Material enthalten.

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Kristallingestein

Kristallingesteinsformationen sind in mehreren Ländern als Wirtsgesteinsformationen für die Einlagerung von hoch radioaktiven Abfällen vorgesehen. Im internationalen Sprachgebrauch werden diese Gesteinskomplexe als „crystalline basement“ bezeichnet und beziehen sich in der Endlagerung vor allem auf plutonische oder bestimmte metamorphe Gesteine. Daneben werden auch Vulkanite, wie beispielsweise Porphyrite, von einigen Ländern auf ihre Eignung als mögliche Wirtsgesteine untersucht.

Plutonische Gesteine entstehen aus Gesteinsschmelzen (Magmen), die aus großer Tiefe in die Erdkruste aufsteigen und dort langsam abkühlen. Nacheinander kristallisieren verschiedene Minerale (z. B. Glimmer, Feldspat, Quarz) aus und es entstehen jenach Bildungsbedingungen unterschiedliche Gesteinsarten und –varietäten. Granite sind die häufigsten Vertreter der plutonischen Gesteine und treten in zahlreichen Varietäten auf, die meist mit regionalen Namen bezeichnet werden, wie z. B. der Okergranit aus dem Harz oder der Ålandgranit aus Skandinavien. Daneben zählen unter anderem Diorite, Gabbros und Peridotite zu den Plutoniten.

Metamorphe Gesteine sind während Gebirgsbildungsprozessen unter erhöhten Druck- und Temperaturbedingungen in großen Tiefen entstanden. Sie sind ohne Aufschmelzung chemisch und strukturell aus älteren Gesteinen umgewandelt worden. Je nach Ausgangsmaterial und Druck-/Temperatur-Bedingungen entstehen dabei viele unterschiedliche Gesteine, die sich durch Mineralbestand und Gefügemerkmale unterscheiden lassen. Beispiele für häufige metamorphe Gesteine sind z. B.Gneise, Amphibolite oder Eklogite. Kommt es bei der Gesteinsumwandlung zu Teilaufschmelzungen (Anatexis), entstehen Migmatite.

Plutonische und metamorphe Gesteinsmassive sind in großen Tiefen in der Erdkruste gebildet worden. Sie werden erst lange nach ihrer Entstehung durch tektonische Geländehebungenund Erosion der überlagernden Gesteinsschichten an der Oberfläche sichtbar.

Kristallingesteinsformationen zeichnen sich durch eine hohe Festigkeit, sehr geringes Lösungsverhalten und hohe Temperaturbelastbarkeit aus. Endlagerbergwerke weisen daher eine hohe Stabilität auf, müssen aber wegen der Klüftigkeit der Gesteine mit geotechnischen Barrieren versehen werden.

Steinsalz

Der Untergrund Norddeutschlands ist reich an Salzvorkommen, die sich im Laufe der Erdgeschichte in Sedimentationsbecken durch Verdunstung (Evaporation) der im Meerwasser gelösten Salze gebildet haben. Insbesondere die vor ca. 255 Mio. Jahren gebildeten und primär bereits sehr mächtigen Salzgesteinsformationen des Zechstein haben durch Mobilisationsprozesse in den nachfolgenden Mio. Jahren einen großen Formenreichtum erfahren.

Die Lagerung der Salzgesteine lässt sich grundsätzlich unterteilen in die „flache Lagerung“, worunter eine weitgehend schichtparallele „ursprüngliche“ Lagerung zu verstehen ist und die „steile Lagerung“, die durch z. T. erhebliche Salzwanderungsprozesse und Akkumulationen entstanden ist. Als Strukturformen haben sich z. B. Salzkissen, Salzsättel, Salzstöcke und Salzmauern entwickelt. In diesen Strukturen sind durch Verformungs- und Bruchprozesse der Salzgesteine z. T. komplexe Lagerungsverhältnisse entstanden.

Salzformationen sind im Allgemeinen zyklisch aufgebaut. Ein kompletter Zyklus besteht aus einer charakteristischen Abfolge von Karbonaten wie Dolomit und Kalkstein, Sulfaten wie Gips bzw. Anhydrit sowie Steinsalz und Kalisalzen. Innerhalb der Salzformationen gibt es Unterbrechungen oder Wiederholungen von Zyklusteilen. Ziel der Suche im Rahmen des Standortauswahlprozesses sind weitgehend homogene möglichst mächtige Steinsalz­bereiche, die als schützende geologische Barriere dienen.

Steinsalz weist als Wirtsgestein eine Reihe von positiven Eigenschaften auf, wie z. B. eine hohe spezifische Wärmeleitfähigkeit und Temperaturbelastbarkeit sowie eine geringe Durchlässigkeit. Aufgrund der besonderen Eigenschaft des kriechenden Verformungsverhaltens werden die Abfälle mit der Zeit komplett eingeschlossen. Da Steinsalz eine hohe Löslichkeit gegenüber ungesättigten Lösungen aufweist, ist der zusätzliche Schutz durch einen günstigen Aufbau des Deckgebirges mit u. a. grundwasserhemmenden Gesteinengegen unterirdische Ablaugungsvorgänge in der Abwägung ein wichtiges Kriterium.

Bildreche: LBEG
Verfasst am 
26.7.2021