m 15. April 2023 gingen die letzten Kernkraftwerke in Deutschland vom Netz. Für die hochradioaktiven abgebrannten Brennelemente wird ein Endlager gesucht, das für eine Million Jahre die bestmögliche Sicherheit bieten soll. Schon jetzt ist klar, dass dieser Prozess deutlich länger als geplant dauern wird und uns die Entsorgung der radioaktiven Abfälle weit in das nächste Jahrhundert hinein beschäftigen wird.
Niedersachsen begleitet diesen Suchprozessintensiv, u.a. mit einem zusätzlichen Angebot für die Bürgerinnen und Bürger, wie das Niedersächsische Begleitforum Endlagersuche.
Am 04.12.2024 fand die sechste Veranstaltung des Niedersächsischen Begleitforums Endlagersuche unter dem Titel „Die Rolle Niedersachsens als Wissenschaftsstandort in der nuklearen Entsorgung“ im Umweltministerium statt. „Gerade vor dem Hintergrund extrem langer Zeiträume muss sichergestellt werden, dass die Suche nach einem Endlager wissenschaftlich begleitet werden kann“, betonte Niedersachsens Umwelt-Staatssekretärin gleich zu Beginn der Veranstaltung. Niedersachsen müsse hier eine besondere Rolle einnehmen, auch aufgrund der schmerzhaften Erfahrungen mit Gorleben und der Asse. „Vom Bund erwarte ich hier einen Vorschlag, wie die Endlagerforschung in Niedersachsen mit Bundesmitteln unterstützt, gefestigt und ausgebaut werden kann.“
Gemeinsam mit Christian Kühn (Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit in der nuklearen Entsorgung BASE), Iris Graffunder (Vorsitzende der Geschäftsführung der Bundesgesellschaft für Endlagerung BGE) sowie Prof. Klaus-Jürgen Röhlig (Geschäftsführender Direktor des Institutes für Endlagerforschung der TU Clausthal) diskutierte sie vor rund60 Interessierten über mögliche neue Forschungsverbünde und Strategien zur Nachwuchskräftegewinnung.
Prof. Röhlig sprach in seinem Impulsvortrag (Link einfügen) über Nachwuchsförderung und Kompetenzerhalt und den wertvollen Beitrag, den unabhängige Forschungsprojekte, wie das TRANSENS-Projekt, für das Vertrauen in das Standortauswahlverfahren geleistet haben sowie die Lücke, die nach dessen Ende in der Forschungslandschaft entstehe. Er appellierte an die Politik, weiter in trans- und interdisziplinäre Forschung zu investieren und auskömmliche Mittel für die Hochschulforschung zur Verfügung zu stellen.
BGE und BASE stellten ihre jeweiligen Forschungsstrategien vor und erläuterten, wo, unter Berücksichtigung der Rollenverteilung und jeweiligen Zuständigkeiten, Synergieeffekte genutzt bzw. ausgebaut werden können.
Durch Impuls fragen aus dem Publikum wurde das Gespräch auch auf die Gewinnung von Nachwuchskräften und den Kompetenzerhalt gelenkt. In den kommenden Jahrzehnten werde es vielfältige Arbeitsfelder für verschiedene Bildungsabschlüsse auf dem Gebiet des Kraftwerkrückbaus, des Endlagerbetriebs und der Endlagerforschung geben. Die Podiumsgäste waren sich einig, dass Fachkräfte gewonnen werden müssten und das Thema zum Beispiel auch verstärkt in die Schulen getragen werden müsse. Frau Graffunder und Herr Kühn warben an dieser Stelle für die von der BGE bzw. vom BASE entwickelten(unterschiedlichen) Planspiele zur Endlagersuche, die bereits in verschiedenen Schulen und Jugendgruppen erfolgreich zum Einsatz kamen und für dieses spannende Thema sensibilisierten.
„Gerade im Hinblick auf die lange Verfahrensdauer im Standortauswahlprozess müssen kompetente Fachkräfte auch in ferner Zukunft zur Verfügung stehen: Für die Phasen der Endlagererrichtung und des Jahrzehntedauernden Einlagerungsbetriebes werden viele Experten und Expertinnen aus vielen Fachrichtungen benötigt – die erforderlichen Weichen müssen wir heute schon stellen“, unterstrich Staatssekretärin Dobslaw die Anregung aus dem Publikum zum Ende der Veranstaltung. „Deshalb setzt sich Niedersachsen dafür ein, ein gewichtiges Kompetenzzentrum in Form eines Forschungsverbundes auf dem Feld der nuklearen Entsorgung aufzubauen.“

Zum Hintergrund:
Bei TRANSENS (Transdisziplinäre Forschung zur Entsorgung hochradioaktiver Abfälle in Deutschland) handelte es sich um ein interdisziplinäres Forschungsprojekt in Deutschland, das sich mit den vielschichtigen Fragen der Endlagerung beschäftigte. In einem interdisziplinären Ansatz, in dem Partner:innen aus Praxis und Zivilgesellschaft in die Planung und Durchführung der Forschung einbezogen wurden, wurde u. a. das Zielverfolgt, die Entscheidungsprozesse transparent und für die Öffentlichkeitnachvollziehbar zu gestalten. TRANSENS lief von 2019 bis 2024.
6. Niedersächsisches Begleitforum: Die Rolle Niedersachsens als Wissenschaftsstandort in der nuklearen Entsorgung!
Welche Gesteinsformationen kommen in Frage?
Tonstein
Tonsteine gehören zur Gruppe der Sedimentgesteine, die aus älteren Gesteinen durch Prozesse der Verwitterung, der Erosion, des Transports und anschließender Sedimentation und Verfestigung hervorgegangen sind. Durch Ablagerung in ruhigen Gewässern, z. B. in küstenfernen Bereichen von Seen und Meeren sowie in Stillwasserbereichen von Flusssystemen bilden sich zunächst unverfestigte Tone. Sie entstehen, wenn gröbere und schwerere Körner bereits sedimentiert wurden und nur noch die feinen, im Wasser schwebenden Ton-Partikel in ruhige, strömungsarme Bereiche gelangen und sich dort absetzen können. Tone werden zu Tonsteinen, indem sie durch zunehmende Überlagerung von anderen Sedimenten immer stärker kompaktiert und verfestigt werden.
Tonsteine unterscheiden sich von den übrigen Sedimentgesteinen dadurch, dass sie überwiegend aus Partikeln mit der kleinsten Korngröße, der Tonfraktion (< 0,002 mm), bestehen. Bei den zumeist plattigen Ton-Partikeln handelt es sich hauptsächlich um die sogenannten Tonminerale, wie z. B. Kaolinit, Montmorillonit und Illit. Diese sind bei der chemischen Verwitterung neu entstanden. Untergeordnet bestehen Tonsteine auch aus mechanisch oder chemisch zerkleinerten Fragmenten von Mineralen wie beispielsweise Quarz,Muskovit, Feldspat und Karbonat. Geringfügige Beimengungen von beispielsweise Limonit, Hämatit, Chlorit oder auch organische Kohlenstoffverbindungen sind für die unterschiedlichen Farben (grau, schwarz, rot, grün) von Tonsteinen verantwortlich.
Tonsteine verfügen über eine hohe Dichtheit. Sie sind aufgrund ihrer feinen Körnung nur schwer durchlässig für Flüssigkeiten und Gase und wirken im geologischen Untergrund somit als Barrieregesteine. Darüber hinaus sind sie aufgrund der Struktur und der großen Oberfläche der Tonminerale in der Lage, Ionen - z. B. Schwermetalle oder Radionuklide - reversibel zu binden. Man spricht hier auch von Adsorption. Im Kontakt mit Wasser reagieren Tonminerale quellfähig und sind dadurch in der Lage, Risse zu schließen.
Als Tonsteinformation ist eine oft mehrere Meter bis über hundert Meter mächtige Abfolge von Tonsteinen zu verstehen. Da in der Natur keine reinen Tonsteine in so großen Mächtigkeiten vorkommen, sind insolchen Formationen häufig geringfügige Beimengungen oder geringmächtige Lagen aus sandigem, siltigem, karbonatischem, organischem oder sonstigem Material enthalten.

Steinsalz
Der Untergrund Norddeutschlands ist reich an Salzvorkommen, die sich im Laufe der Erdgeschichte in Sedimentationsbecken durch Verdunstung (Evaporation) der im Meerwasser gelösten Salze gebildet haben. Insbesondere die vor ca. 255 Mio. Jahren gebildeten und primär bereits sehr mächtigen Salzgesteinsformationen des Zechstein haben durch Mobilisationsprozesse in den nachfolgenden Mio. Jahren einen großen Formenreichtum erfahren.
Die Lagerung der Salzgesteine lässt sich grundsätzlich unterteilen in die „flache Lagerung“, worunter eine weitgehend schichtparallele „ursprüngliche“ Lagerung zu verstehen ist und die „steile Lagerung“, die durch z. T. erhebliche Salzwanderungsprozesse und Akkumulationen entstanden ist. Als Strukturformen haben sich z. B. Salzkissen, Salzsättel, Salzstöcke und Salzmauern entwickelt. In diesen Strukturen sind durch Verformungs- und Bruchprozesse der Salzgesteine z. T. komplexe Lagerungsverhältnisse entstanden.
Salzformationen sind im Allgemeinen zyklisch aufgebaut. Ein kompletter Zyklus besteht aus einer charakteristischen Abfolge von Karbonaten wie Dolomit und Kalkstein, Sulfaten wie Gips bzw. Anhydrit sowie Steinsalz und Kalisalzen. Innerhalb der Salzformationen gibt es Unterbrechungen oder Wiederholungen von Zyklusteilen. Ziel der Suche im Rahmen des Standortauswahlprozesses sind weitgehend homogene möglichst mächtige Steinsalzbereiche, die als schützende geologische Barriere dienen.
Steinsalz weist als Wirtsgestein eine Reihe von positiven Eigenschaften auf, wie z. B. eine hohe spezifische Wärmeleitfähigkeit und Temperaturbelastbarkeit sowie eine geringe Durchlässigkeit. Aufgrund der besonderen Eigenschaft des kriechenden Verformungsverhaltens werden die Abfälle mit der Zeit komplett eingeschlossen. Da Steinsalz eine hohe Löslichkeit gegenüber ungesättigten Lösungen aufweist, ist der zusätzliche Schutz durch einen günstigen Aufbau des Deckgebirges mit u. a. grundwasserhemmenden Gesteinengegen unterirdische Ablaugungsvorgänge in der Abwägung ein wichtiges Kriterium.

Kristallingestein
Kristallingesteinsformationen sind in mehreren Ländern als Wirtsgesteinsformationen für die Einlagerung von hoch radioaktiven Abfällen vorgesehen. Im internationalen Sprachgebrauch werden diese Gesteinskomplexe als „crystalline basement“ bezeichnet und beziehen sich in der Endlagerung vor allem auf plutonische oder bestimmte metamorphe Gesteine. Daneben werden auch Vulkanite, wie beispielsweise Porphyrite, von einigen Ländern auf ihre Eignung als mögliche Wirtsgesteine untersucht.
Plutonische Gesteine entstehen aus Gesteinsschmelzen (Magmen), die aus großer Tiefe in die Erdkruste aufsteigen und dort langsam abkühlen. Nacheinander kristallisieren verschiedene Minerale (z. B. Glimmer, Feldspat, Quarz) aus und es entstehen jenach Bildungsbedingungen unterschiedliche Gesteinsarten und –varietäten. Granite sind die häufigsten Vertreter der plutonischen Gesteine und treten in zahlreichen Varietäten auf, die meist mit regionalen Namen bezeichnet werden, wie z. B. der Okergranit aus dem Harz oder der Ålandgranit aus Skandinavien. Daneben zählen unter anderem Diorite, Gabbros und Peridotite zu den Plutoniten.
Metamorphe Gesteine sind während Gebirgsbildungsprozessen unter erhöhten Druck- und Temperaturbedingungen in großen Tiefen entstanden. Sie sind ohne Aufschmelzung chemisch und strukturell aus älteren Gesteinen umgewandelt worden. Je nach Ausgangsmaterial und Druck-/Temperatur-Bedingungen entstehen dabei viele unterschiedliche Gesteine, die sich durch Mineralbestand und Gefügemerkmale unterscheiden lassen. Beispiele für häufige metamorphe Gesteine sind z. B.Gneise, Amphibolite oder Eklogite. Kommt es bei der Gesteinsumwandlung zu Teilaufschmelzungen (Anatexis), entstehen Migmatite.
Plutonische und metamorphe Gesteinsmassive sind in großen Tiefen in der Erdkruste gebildet worden. Sie werden erst lange nach ihrer Entstehung durch tektonische Geländehebungenund Erosion der überlagernden Gesteinsschichten an der Oberfläche sichtbar.
Kristallingesteinsformationen zeichnen sich durch eine hohe Festigkeit, sehr geringes Lösungsverhalten und hohe Temperaturbelastbarkeit aus. Endlagerbergwerke weisen daher eine hohe Stabilität auf, müssen aber wegen der Klüftigkeit der Gesteine mit geotechnischen Barrieren versehen werden.
