it der Veröffentlichung des Zwischenberichtes Teilgebiete im September 2020 hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) bundesweit 90 Gebiete ausgewiesen, die günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung hochradioaktiver Abfälle erwarten lassen.
In den nächsten Jahren gilt es, diese Gebiete auf einige wenige Standortregionen weiter einzugrenzen. Dafür entwickelt und erprobt die BGE aktuell Methoden zur Durchführung von repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchung in vier Gebieten unterschiedlicher Gesteinsformationen (Ton, Kristallin und Steinsalz).
Neben den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist Niedersachsen ist mit zwei Gebieten zur Methodenentwicklung betroffen: dem Salzstock Bahlburg im Landkreis Harburg und dem Salzvorkommen in flacher Lagerung im Thüringer Becken, das an den Landkreis Göttingen grenzt.
„Aus fachlicher Sicht ist dieses Vorgehen naheliegend und notwendig, auch weil jedes Wirtsgestein bzw. jede Wirtsgesteinskonfiguration dabei vertreten ist“, sagt Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies. „Wichtig ist jedoch, dass dadurch keine Vorfestlegung auf die jetzt ausgewählten Modellgebiete erfolgt. Das ist für mich die zwingende Voraussetzung für das Gelingen des weiteren Verfahrens“, betont Lies. „Auch die Kommunikationsstrategie der Vorhabenträgerin muss deutlich besser werden. Die BGE muss hier transparent handeln und den Stand des Verfahrens in regelmäßigen und kurzen Zeitabschnitten kommunizieren und zur Diskussion stellen. Sie muss darüber hinaus aber insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern der betroffenen Gebiete die Möglichkeit einräumen, sich auch aktiv am Verfahren zu beteiligen“, fordert Lies.
Das Niedersächsische Umweltministerium hat deshalb bereits im September 2021 eine erste Informationsveranstaltung zur Methodenentwicklung durchgeführt. Weitere sollen folgen. „Ich erwarte, dass die BGE dann zum Stand des Verfahrens berichten wird und sich der Diskussion mit den Menschen vor Ort stellt. Mich interessiert auch, wie die Ergebnisse der ersten Veranstaltung im September dieses Jahres in der weiteren Arbeit der BGE Berücksichtigung gefunden haben“, so Minister Lies.
Die aktuellen Arbeiten beinhalten eine Analyse vorliegender Geologiedaten und die Erprobung von numerischer Modellierung. Untersucht werden soll z.B. die langfristige Stabilität des Gesteins und seine Fähigkeit, hochradioaktives Material abzuschotten und zu binden. Dafür werden laut BGE Experten vorhandene geologische Daten am Computer auswerten und zum Teil auch neue Werte abfragen, etwa Verzeichnisse zu Bohrungen.
Im Frühjahr 2022 will die BGE auf Basis dieser Daten ein vorläufiges Konzept öffentlich zur Diskussion stellen. Das Niedersächsische Umweltministerium wird diesen Prozess weiterhin aufmerksam und prüfend begleiten.
Weitere Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Methodenentwicklung finden Sie auch auf der Seite der BGE:
Gebiete zur Methodenentwicklung: Lies fordert maximale Transparenz und bessere Bürgerbeteiligung
Welche Gesteinsformationen kommen in Frage?
Tonstein
Tonsteine gehören zur Gruppe der Sedimentgesteine, die aus älteren Gesteinen durch Prozesse der Verwitterung, der Erosion, des Transports und anschließender Sedimentation und Verfestigung hervorgegangen sind. Durch Ablagerung in ruhigen Gewässern, z. B. in küstenfernen Bereichen von Seen und Meeren sowie in Stillwasserbereichen von Flusssystemen bilden sich zunächst unverfestigte Tone. Sie entstehen, wenn gröbere und schwerere Körner bereits sedimentiert wurden und nur noch die feinen, im Wasser schwebenden Ton-Partikel in ruhige, strömungsarme Bereiche gelangen und sich dort absetzen können. Tone werden zu Tonsteinen, indem sie durch zunehmende Überlagerung von anderen Sedimenten immer stärker kompaktiert und verfestigt werden.
Tonsteine unterscheiden sich von den übrigen Sedimentgesteinen dadurch, dass sie überwiegend aus Partikeln mit der kleinsten Korngröße, der Tonfraktion (< 0,002 mm), bestehen. Bei den zumeist plattigen Ton-Partikeln handelt es sich hauptsächlich um die sogenannten Tonminerale, wie z. B. Kaolinit, Montmorillonit und Illit. Diese sind bei der chemischen Verwitterung neu entstanden. Untergeordnet bestehen Tonsteine auch aus mechanisch oder chemisch zerkleinerten Fragmenten von Mineralen wie beispielsweise Quarz,Muskovit, Feldspat und Karbonat. Geringfügige Beimengungen von beispielsweise Limonit, Hämatit, Chlorit oder auch organische Kohlenstoffverbindungen sind für die unterschiedlichen Farben (grau, schwarz, rot, grün) von Tonsteinen verantwortlich.
Tonsteine verfügen über eine hohe Dichtheit. Sie sind aufgrund ihrer feinen Körnung nur schwer durchlässig für Flüssigkeiten und Gase und wirken im geologischen Untergrund somit als Barrieregesteine. Darüber hinaus sind sie aufgrund der Struktur und der großen Oberfläche der Tonminerale in der Lage, Ionen - z. B. Schwermetalle oder Radionuklide - reversibel zu binden. Man spricht hier auch von Adsorption. Im Kontakt mit Wasser reagieren Tonminerale quellfähig und sind dadurch in der Lage, Risse zu schließen.
Als Tonsteinformation ist eine oft mehrere Meter bis über hundert Meter mächtige Abfolge von Tonsteinen zu verstehen. Da in der Natur keine reinen Tonsteine in so großen Mächtigkeiten vorkommen, sind insolchen Formationen häufig geringfügige Beimengungen oder geringmächtige Lagen aus sandigem, siltigem, karbonatischem, organischem oder sonstigem Material enthalten.

Steinsalz
Der Untergrund Norddeutschlands ist reich an Salzvorkommen, die sich im Laufe der Erdgeschichte in Sedimentationsbecken durch Verdunstung (Evaporation) der im Meerwasser gelösten Salze gebildet haben. Insbesondere die vor ca. 255 Mio. Jahren gebildeten und primär bereits sehr mächtigen Salzgesteinsformationen des Zechstein haben durch Mobilisationsprozesse in den nachfolgenden Mio. Jahren einen großen Formenreichtum erfahren.
Die Lagerung der Salzgesteine lässt sich grundsätzlich unterteilen in die „flache Lagerung“, worunter eine weitgehend schichtparallele „ursprüngliche“ Lagerung zu verstehen ist und die „steile Lagerung“, die durch z. T. erhebliche Salzwanderungsprozesse und Akkumulationen entstanden ist. Als Strukturformen haben sich z. B. Salzkissen, Salzsättel, Salzstöcke und Salzmauern entwickelt. In diesen Strukturen sind durch Verformungs- und Bruchprozesse der Salzgesteine z. T. komplexe Lagerungsverhältnisse entstanden.
Salzformationen sind im Allgemeinen zyklisch aufgebaut. Ein kompletter Zyklus besteht aus einer charakteristischen Abfolge von Karbonaten wie Dolomit und Kalkstein, Sulfaten wie Gips bzw. Anhydrit sowie Steinsalz und Kalisalzen. Innerhalb der Salzformationen gibt es Unterbrechungen oder Wiederholungen von Zyklusteilen. Ziel der Suche im Rahmen des Standortauswahlprozesses sind weitgehend homogene möglichst mächtige Steinsalzbereiche, die als schützende geologische Barriere dienen.
Steinsalz weist als Wirtsgestein eine Reihe von positiven Eigenschaften auf, wie z. B. eine hohe spezifische Wärmeleitfähigkeit und Temperaturbelastbarkeit sowie eine geringe Durchlässigkeit. Aufgrund der besonderen Eigenschaft des kriechenden Verformungsverhaltens werden die Abfälle mit der Zeit komplett eingeschlossen. Da Steinsalz eine hohe Löslichkeit gegenüber ungesättigten Lösungen aufweist, ist der zusätzliche Schutz durch einen günstigen Aufbau des Deckgebirges mit u. a. grundwasserhemmenden Gesteinengegen unterirdische Ablaugungsvorgänge in der Abwägung ein wichtiges Kriterium.

Kristallingestein
Kristallingesteinsformationen sind in mehreren Ländern als Wirtsgesteinsformationen für die Einlagerung von hoch radioaktiven Abfällen vorgesehen. Im internationalen Sprachgebrauch werden diese Gesteinskomplexe als „crystalline basement“ bezeichnet und beziehen sich in der Endlagerung vor allem auf plutonische oder bestimmte metamorphe Gesteine. Daneben werden auch Vulkanite, wie beispielsweise Porphyrite, von einigen Ländern auf ihre Eignung als mögliche Wirtsgesteine untersucht.
Plutonische Gesteine entstehen aus Gesteinsschmelzen (Magmen), die aus großer Tiefe in die Erdkruste aufsteigen und dort langsam abkühlen. Nacheinander kristallisieren verschiedene Minerale (z. B. Glimmer, Feldspat, Quarz) aus und es entstehen jenach Bildungsbedingungen unterschiedliche Gesteinsarten und –varietäten. Granite sind die häufigsten Vertreter der plutonischen Gesteine und treten in zahlreichen Varietäten auf, die meist mit regionalen Namen bezeichnet werden, wie z. B. der Okergranit aus dem Harz oder der Ålandgranit aus Skandinavien. Daneben zählen unter anderem Diorite, Gabbros und Peridotite zu den Plutoniten.
Metamorphe Gesteine sind während Gebirgsbildungsprozessen unter erhöhten Druck- und Temperaturbedingungen in großen Tiefen entstanden. Sie sind ohne Aufschmelzung chemisch und strukturell aus älteren Gesteinen umgewandelt worden. Je nach Ausgangsmaterial und Druck-/Temperatur-Bedingungen entstehen dabei viele unterschiedliche Gesteine, die sich durch Mineralbestand und Gefügemerkmale unterscheiden lassen. Beispiele für häufige metamorphe Gesteine sind z. B.Gneise, Amphibolite oder Eklogite. Kommt es bei der Gesteinsumwandlung zu Teilaufschmelzungen (Anatexis), entstehen Migmatite.
Plutonische und metamorphe Gesteinsmassive sind in großen Tiefen in der Erdkruste gebildet worden. Sie werden erst lange nach ihrer Entstehung durch tektonische Geländehebungenund Erosion der überlagernden Gesteinsschichten an der Oberfläche sichtbar.
Kristallingesteinsformationen zeichnen sich durch eine hohe Festigkeit, sehr geringes Lösungsverhalten und hohe Temperaturbelastbarkeit aus. Endlagerbergwerke weisen daher eine hohe Stabilität auf, müssen aber wegen der Klüftigkeit der Gesteine mit geotechnischen Barrieren versehen werden.
