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ie Suche nach einem Endlager für insbesondere Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle ist nicht neu. Die folgenden ausgewählten Meilensteine vermitteln einen Überblick über die Geschichte der Suche nach einem Endlagerstandort für Wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle.

1960

Das "Atomgesetz" tritt in Kraft. Die Endlagerung radioaktiver Abfälle wird nicht thematisiert.

1977

Entscheidung des Landes Niedersachsen für den Standort Gorleben als mögliches nukleares Entsorgungszentrum mit Wiederaufarbeitungsanlage, Brennelementefabrik und Endlager. Aufgrund starker Bürgerproteste wird der Plan wieder aufgegeben. Es folgt ab 1979 die Erkundung des Gorlebener Salzstocks als mögliches Endlager.

1999 - 2002

Der 1999 von der Bundesregierung eingesetzte Arbeitskreis "Auswahlverfahren Endlagerstandorte" (AkEnd) legt eine Empfehlung für ein nachvollziehbares transparentes Verfahren für die Suche und die Auswahl von Endlagerstandorten vor.

2010 - 2013

Drei Jahre lang hat sich der Gorleben-Untersuchungsausschuss des Bundestags mit der umstrittenen Standortentscheidung für Gorleben als Endlager für hochradioaktive Abfälle im Jahr 1977 auseinandergesetzt. Der Untersuchungsausschuss endete mit einem Bericht der parlamentarischen Mehrheit und einem Minderheitenvotum der damaligen Opposition. Er konnte sich nicht auf eine gemeinsame Bewertung der Standortentscheidung einigen.

(Dokumente zu Gorleben auf der Seite des Deutschen Bundestages)

2011

Mit dem Energiekonzept vom 6. Juni 2011 und damit dem Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022 entscheidet sich die Bundesregierung für die Entwicklung eines neuen, angeologischen Kriterien orientierten Verfahrens.

2013

Das "Standortauswahlgesetz" (Stand AG) tritt in Kraft. Ziel des Standortauswahlverfahrens ist es, in einem wissenschaftsbasierten und transparenten Verfahren einen Standort für ein geologisches Endlager für insbesondere Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle zu finden.

Die Erkundungsarbeiten im Salzstock Gorleben werden beendet.

2014 - 2016

Die Kommission "Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe" startet 2014 ihre Arbeit. Das von Bundestag und Bundesrat eingesetzte paritätisch besetzte Expertengremium soll zentrale Aspekte der Endlagerung insbesondere Wärme entwickelnder radioaktiver Abfälle klären. Weitere Ziele sind die Überprüfung des StandAG selbst sowie die Klärung, wie der Prozess der Endlagersuche organisiert werden kann und welche Kriterien für die Endlagersuche angewendet werden sollen. Die Endlagerkommission übergibt 2016 ihren Abschlussbericht.

2016

Das "Gesetz zur Neuordnung der Organisationsstruktur im Bereich der Endlagerung" tritt in Kraft. Die operativen Aufgaben der Standortsuche, der Errichtung und des Betriebs der Endlager sowie der Schachtanlage Asse II und des Bergwerks Gorleben sollen in einer staatseigenen Gesellschaft, der Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE), gebündelt werden.

Fässer in der Asse (Bildrechte: Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH)

Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit, kurz: BfE (Bezeichnung seit1. Januar 2020: Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, BASE wird Regulierungs-, Genehmigungs-und Aufsichtsbehörde für Transporte sowie die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle.

Die von der Bundesregierung eingesetzte "Kommission zur Finanzierung des Atomausstiegs"  legt ihre Empfehlungen vor: Danach sollen die Energieversorgungsunternehmen rund 23,3 Milliarden Euro von den gebildeten Rückstellungen in einen staatlichen Fonds überweisen. Im Gegenzug trägt der Bund die Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerung und finanziert diese mittels des Fonds.

2017

Auf Basis des Abschlussberichtes der Endlagerkommission wird im März 2017 eine Novelle des Stand AG durch Bundestag und Bundesrat beschlossen. Das StandAG schreibt nun eine mehrphasige Suche nach einem Standort mit bestmöglicher Sicherheit und eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit insbesondere in den betroffenen Standortregionen fest. Auch werden unter anderem wissenschaftliche Ausschluss-, Mindest- und Abwägungskriterien definiert und ein lernendes Verfahren angelegt,das eine Revision von Entscheidungen ermöglicht und eine Rückholbarkeit der eingelagerten Abfälle für einen längeren Zeitraum festlegt.

Teile des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) sind wie die Asse-GmbH und die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbh (DBE) Ende 2017 zur neuen Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) verschmolzen worden. In der neuen Gesellschaft wird die Expertise zur Endlagerung nun gebündelt. In der Verantwortung der BGE liegen nun sämtliche Standorte, an denen schwach- und mittelradioaktive Abfälle endgelagert werden sollen oder bereits lagern, die Standortsuche für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle sowie die Aufgabender Produktkontrolle von Abfallbehältern. 

Am 5. September 2017 startet die BGE mit einer Auftaktveranstaltungin Berlin die Standortsuche. Zu den Rednerinnen und Rednern zählten unter anderem die damalige Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks, der Präsident des BfE Wolfram König und der Vorsitzende des Nationalen Begleitgremiums (NBG) Prof.Dr. Klaus Töpfer.

2017 - 2020

Abfrage und Auswertung der bei den Geologischen Diensten der Länder und des Bundes vorhandenen Untergrunddaten. Erste Anwendung der Ausschlusskriterien, der Mindestanforderungen und der geowissenschaftlichen Abwägungskriterien.

Quelle: Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH

Geschichte der Endlagersuche

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Welche Gesteinsformationen kommen in Frage?

Tonstein

Tonsteine gehören zur Gruppe der Sedimentgesteine, die aus älteren Gesteinen durch Prozesse der Verwitterung, der Erosion, des Transports und anschließender Sedimentation und Verfestigung hervorgegangen sind. Durch Ablagerung in ruhigen Gewässern, z. B. in küstenfernen Bereichen von Seen und Meeren sowie in Stillwasserbereichen von Flusssystemen bilden sich zunächst unverfestigte Tone. Sie entstehen, wenn gröbere und schwerere Körner bereits sedimentiert wurden und nur noch die feinen, im Wasser schwebenden Ton-Partikel in ruhige, strömungsarme Bereiche gelangen und sich dort absetzen können. Tone werden zu Tonsteinen, indem sie durch zunehmende Überlagerung von anderen Sedimenten immer stärker kompaktiert und verfestigt werden.

Tonsteine unterscheiden sich von den übrigen Sedimentgesteinen dadurch, dass sie überwiegend aus Partikeln mit der kleinsten Korngröße, der Tonfraktion (< 0,002 mm), bestehen. Bei den zumeist plattigen Ton-Partikeln handelt es sich hauptsächlich um die sogenannten Tonminerale, wie z. B. Kaolinit, Montmorillonit und Illit. Diese sind bei der chemischen Verwitterung neu entstanden. Untergeordnet bestehen Tonsteine auch aus mechanisch oder chemisch zerkleinerten Fragmenten von Mineralen wie beispielsweise Quarz,Muskovit, Feldspat und Karbonat. Geringfügige Beimengungen von beispielsweise Limonit, Hämatit, Chlorit oder auch organische Kohlenstoffverbindungen sind für die unterschiedlichen Farben (grau, schwarz, rot, grün) von Tonsteinen verantwortlich.

Tonsteine verfügen über eine hohe Dichtheit. Sie sind aufgrund ihrer feinen Körnung nur schwer durchlässig für Flüssigkeiten und Gase und wirken im geologischen Untergrund somit als Barrieregesteine. Darüber hinaus sind sie aufgrund der Struktur und der großen Oberfläche der Tonminerale in der Lage, Ionen - z. B. Schwermetalle oder Radionuklide -  reversibel zu binden. Man spricht hier auch von Adsorption. Im Kontakt mit Wasser reagieren Tonminerale quellfähig und sind dadurch in der Lage, Risse zu schließen.

Als Tonsteinformation ist eine oft mehrere Meter bis über hundert Meter mächtige Abfolge von Tonsteinen zu verstehen. Da in der Natur keine reinen Tonsteine in so großen Mächtigkeiten vorkommen, sind insolchen Formationen häufig geringfügige Beimengungen oder geringmächtige Lagen aus sandigem, siltigem, karbonatischem, organischem oder sonstigem Material enthalten.

Bildrechte: LBEG

Kristallingestein

Kristallingesteinsformationen sind in mehreren Ländern als Wirtsgesteinsformationen für die Einlagerung von hoch radioaktiven Abfällen vorgesehen. Im internationalen Sprachgebrauch werden diese Gesteinskomplexe als „crystalline basement“ bezeichnet und beziehen sich in der Endlagerung vor allem auf plutonische oder bestimmte metamorphe Gesteine. Daneben werden auch Vulkanite, wie beispielsweise Porphyrite, von einigen Ländern auf ihre Eignung als mögliche Wirtsgesteine untersucht.

Plutonische Gesteine entstehen aus Gesteinsschmelzen (Magmen), die aus großer Tiefe in die Erdkruste aufsteigen und dort langsam abkühlen. Nacheinander kristallisieren verschiedene Minerale (z. B. Glimmer, Feldspat, Quarz) aus und es entstehen jenach Bildungsbedingungen unterschiedliche Gesteinsarten und –varietäten. Granite sind die häufigsten Vertreter der plutonischen Gesteine und treten in zahlreichen Varietäten auf, die meist mit regionalen Namen bezeichnet werden, wie z. B. der Okergranit aus dem Harz oder der Ålandgranit aus Skandinavien. Daneben zählen unter anderem Diorite, Gabbros und Peridotite zu den Plutoniten.

Metamorphe Gesteine sind während Gebirgsbildungsprozessen unter erhöhten Druck- und Temperaturbedingungen in großen Tiefen entstanden. Sie sind ohne Aufschmelzung chemisch und strukturell aus älteren Gesteinen umgewandelt worden. Je nach Ausgangsmaterial und Druck-/Temperatur-Bedingungen entstehen dabei viele unterschiedliche Gesteine, die sich durch Mineralbestand und Gefügemerkmale unterscheiden lassen. Beispiele für häufige metamorphe Gesteine sind z. B.Gneise, Amphibolite oder Eklogite. Kommt es bei der Gesteinsumwandlung zu Teilaufschmelzungen (Anatexis), entstehen Migmatite.

Plutonische und metamorphe Gesteinsmassive sind in großen Tiefen in der Erdkruste gebildet worden. Sie werden erst lange nach ihrer Entstehung durch tektonische Geländehebungenund Erosion der überlagernden Gesteinsschichten an der Oberfläche sichtbar.

Kristallingesteinsformationen zeichnen sich durch eine hohe Festigkeit, sehr geringes Lösungsverhalten und hohe Temperaturbelastbarkeit aus. Endlagerbergwerke weisen daher eine hohe Stabilität auf, müssen aber wegen der Klüftigkeit der Gesteine mit geotechnischen Barrieren versehen werden.

Steinsalz

Der Untergrund Norddeutschlands ist reich an Salzvorkommen, die sich im Laufe der Erdgeschichte in Sedimentationsbecken durch Verdunstung (Evaporation) der im Meerwasser gelösten Salze gebildet haben. Insbesondere die vor ca. 255 Mio. Jahren gebildeten und primär bereits sehr mächtigen Salzgesteinsformationen des Zechstein haben durch Mobilisationsprozesse in den nachfolgenden Mio. Jahren einen großen Formenreichtum erfahren.

Die Lagerung der Salzgesteine lässt sich grundsätzlich unterteilen in die „flache Lagerung“, worunter eine weitgehend schichtparallele „ursprüngliche“ Lagerung zu verstehen ist und die „steile Lagerung“, die durch z. T. erhebliche Salzwanderungsprozesse und Akkumulationen entstanden ist. Als Strukturformen haben sich z. B. Salzkissen, Salzsättel, Salzstöcke und Salzmauern entwickelt. In diesen Strukturen sind durch Verformungs- und Bruchprozesse der Salzgesteine z. T. komplexe Lagerungsverhältnisse entstanden.

Salzformationen sind im Allgemeinen zyklisch aufgebaut. Ein kompletter Zyklus besteht aus einer charakteristischen Abfolge von Karbonaten wie Dolomit und Kalkstein, Sulfaten wie Gips bzw. Anhydrit sowie Steinsalz und Kalisalzen. Innerhalb der Salzformationen gibt es Unterbrechungen oder Wiederholungen von Zyklusteilen. Ziel der Suche im Rahmen des Standortauswahlprozesses sind weitgehend homogene möglichst mächtige Steinsalz­bereiche, die als schützende geologische Barriere dienen.

Steinsalz weist als Wirtsgestein eine Reihe von positiven Eigenschaften auf, wie z. B. eine hohe spezifische Wärmeleitfähigkeit und Temperaturbelastbarkeit sowie eine geringe Durchlässigkeit. Aufgrund der besonderen Eigenschaft des kriechenden Verformungsverhaltens werden die Abfälle mit der Zeit komplett eingeschlossen. Da Steinsalz eine hohe Löslichkeit gegenüber ungesättigten Lösungen aufweist, ist der zusätzliche Schutz durch einen günstigen Aufbau des Deckgebirges mit u. a. grundwasserhemmenden Gesteinengegen unterirdische Ablaugungsvorgänge in der Abwägung ein wichtiges Kriterium.

Bildreche: LBEG
Verfasst am 
23.9.2020