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ach der Reaktorkatastrophe in Fukushima beschloss der Deutsche Bundestag im Juni 2011 mit breiter Mehrheit den Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie zur gewerblichen Stromerzeugung bis zum Jahr 2022. Übrig bleiben 1900 Behälter mit 27.000 Kubikmetern hochradioaktiven Abfällen, die dauerhaft sicher endgelagert werden müssen.

Bis zum Jahr 2031 soll laut Gesetz innerhalb Deutschlands der Standort für ein Endlager für hochradioaktiven Müll gefunden werden - ergebnisoffen, transparent, nach gesetzlich festgelegten fachlichen Kriterien und unter Beteiligung der Öffentlichkeit. Die einzelnen Verfahrensschritte regelt das Standortauswahlgesetz (Stand AG). Es wurde auf Basis der Empfehlungen der Endlagerkommission fortentwickelt und trat im März 2017 in Kraft.

Das Standortauswahlverfahren startet von einer "weißen Landkarte". Das bedeutet, dass alle deutschen Bundesländer und alle Regionen in die Suche einbezogen werden. Die Gebiete werden auf Basis von vorhandenen geologischen Daten über Erkundungen auf ihre Eignung untersucht. Es wird ausgeschlossen, bewertet und verglichen, bis am Schluss der bestmögliche Standort für ein Endlager übrig bleibt.

Ablauf der Suche

Phase 1 - Ermittlung von Teilgebieten

Im ersten Schritt werden ungeeignete Gebiete ausgeschlossen. Wird eines der sechs Ausschlusskriterien im StandAG erfüllt, kommt eine Region oder ein Ort als Endlager nicht mehr in Frage. Alle Mindestanforderungen müssen erfüllt sein, um eine prinzipielle Eignung des geologischen Untergrundes festzustellen. Im Anschluss werden die geowissenschaftlichen Abwägungskriterien angewandt, um besonders günstige Teilgebiete gegenüber weniger günstigen Teilgebieten bewerten zu können.

Nach der Veröffentlichung des Zwischenberichts Teilgebiete werden repräsentative vorläufige Sicherheitsuntersuchungen für die in Fragekommenden Teilgebiete erarbeitet. Auf Basis dieser Ergebnisse und der Ergebnisse einer erneuten Anwendung der geowissenschaftlichen Abwägungskriterien sowie auf Grundlage der erstmaligen Anwendung planungswissenschaftlicher Abwägungskriterien macht die BGE Vorschläge, welche Standortregionen übertägig erkundet werden sollen.

Diese Vorschläge mit zugehörigen Erkundungsprogrammen übermittelt die BGE an das BASE. Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat entscheiden, welche Standortregionen übertägig erkundet werden.

Phase 2 -Übertägige Erkundung

Die BGE erkundet die durch Bundesgesetz ausgewählten Standortregionen übertägig nach den standortbezogenen Erkundungsprogrammen. Auf der Grundlage der Erkundungsergebnisse macht die BGE weiterentwickelte vorläufige Sicherheitsuntersuchungen und wendet die Anforderungen und Kriterien an. Die BGE erstellt in den Standortregionen sozioökonomische Potentialanalysen. Die Arbeiten der BGE münden in begründete Vorschläge zu den untertägig zu erkundenden Standorten.

Das BASE prüft die Vorschläge und legt daraufhin Erkundungsprogramme und Prüfkriterien fest. Daraufhin entscheiden Bundestag und Bundesrat erneut, welche Standorte wie untertägig erkundet werden sollen. An dieser Stelle ist auch eine gerichtliche Überprüfung beim Bundesverwaltungsgericht möglich.

Phase 3 - Untertägige Erkundung

Die BGE erkundet mindestens zwei Standorte untertägig und erarbeitet umfassende vorläufige Sicherheitsuntersuchungen. Auch in dieser Phase werden die Anforderungen und Kriterien gemäß Standortauswahlgesetz angewendet. Die BGE übermittelt die Ergebnisse an das BASE, welches anschließend eine Umweltverträglichkeitsprüfung einleitet.

Gesetzliche Grundlage

Endlagerkommission

Informationen zum Standortauswahlverfahren aufendlagersuche-infoplattform.de

Quelle: Niedersächsisches Umweltministerium/ BGE/ Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung

Standortauswahlverfahren - Wie ist der Ablauf?

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Welche Gesteinsformationen kommen in Frage?

Tonstein

Tonsteine gehören zur Gruppe der Sedimentgesteine, die aus älteren Gesteinen durch Prozesse der Verwitterung, der Erosion, des Transports und anschließender Sedimentation und Verfestigung hervorgegangen sind. Durch Ablagerung in ruhigen Gewässern, z. B. in küstenfernen Bereichen von Seen und Meeren sowie in Stillwasserbereichen von Flusssystemen bilden sich zunächst unverfestigte Tone. Sie entstehen, wenn gröbere und schwerere Körner bereits sedimentiert wurden und nur noch die feinen, im Wasser schwebenden Ton-Partikel in ruhige, strömungsarme Bereiche gelangen und sich dort absetzen können. Tone werden zu Tonsteinen, indem sie durch zunehmende Überlagerung von anderen Sedimenten immer stärker kompaktiert und verfestigt werden.

Tonsteine unterscheiden sich von den übrigen Sedimentgesteinen dadurch, dass sie überwiegend aus Partikeln mit der kleinsten Korngröße, der Tonfraktion (< 0,002 mm), bestehen. Bei den zumeist plattigen Ton-Partikeln handelt es sich hauptsächlich um die sogenannten Tonminerale, wie z. B. Kaolinit, Montmorillonit und Illit. Diese sind bei der chemischen Verwitterung neu entstanden. Untergeordnet bestehen Tonsteine auch aus mechanisch oder chemisch zerkleinerten Fragmenten von Mineralen wie beispielsweise Quarz,Muskovit, Feldspat und Karbonat. Geringfügige Beimengungen von beispielsweise Limonit, Hämatit, Chlorit oder auch organische Kohlenstoffverbindungen sind für die unterschiedlichen Farben (grau, schwarz, rot, grün) von Tonsteinen verantwortlich.

Tonsteine verfügen über eine hohe Dichtheit. Sie sind aufgrund ihrer feinen Körnung nur schwer durchlässig für Flüssigkeiten und Gase und wirken im geologischen Untergrund somit als Barrieregesteine. Darüber hinaus sind sie aufgrund der Struktur und der großen Oberfläche der Tonminerale in der Lage, Ionen - z. B. Schwermetalle oder Radionuklide -  reversibel zu binden. Man spricht hier auch von Adsorption. Im Kontakt mit Wasser reagieren Tonminerale quellfähig und sind dadurch in der Lage, Risse zu schließen.

Als Tonsteinformation ist eine oft mehrere Meter bis über hundert Meter mächtige Abfolge von Tonsteinen zu verstehen. Da in der Natur keine reinen Tonsteine in so großen Mächtigkeiten vorkommen, sind insolchen Formationen häufig geringfügige Beimengungen oder geringmächtige Lagen aus sandigem, siltigem, karbonatischem, organischem oder sonstigem Material enthalten.

Bildrechte: LBEG

Kristallingestein

Kristallingesteinsformationen sind in mehreren Ländern als Wirtsgesteinsformationen für die Einlagerung von hoch radioaktiven Abfällen vorgesehen. Im internationalen Sprachgebrauch werden diese Gesteinskomplexe als „crystalline basement“ bezeichnet und beziehen sich in der Endlagerung vor allem auf plutonische oder bestimmte metamorphe Gesteine. Daneben werden auch Vulkanite, wie beispielsweise Porphyrite, von einigen Ländern auf ihre Eignung als mögliche Wirtsgesteine untersucht.

Plutonische Gesteine entstehen aus Gesteinsschmelzen (Magmen), die aus großer Tiefe in die Erdkruste aufsteigen und dort langsam abkühlen. Nacheinander kristallisieren verschiedene Minerale (z. B. Glimmer, Feldspat, Quarz) aus und es entstehen jenach Bildungsbedingungen unterschiedliche Gesteinsarten und –varietäten. Granite sind die häufigsten Vertreter der plutonischen Gesteine und treten in zahlreichen Varietäten auf, die meist mit regionalen Namen bezeichnet werden, wie z. B. der Okergranit aus dem Harz oder der Ålandgranit aus Skandinavien. Daneben zählen unter anderem Diorite, Gabbros und Peridotite zu den Plutoniten.

Metamorphe Gesteine sind während Gebirgsbildungsprozessen unter erhöhten Druck- und Temperaturbedingungen in großen Tiefen entstanden. Sie sind ohne Aufschmelzung chemisch und strukturell aus älteren Gesteinen umgewandelt worden. Je nach Ausgangsmaterial und Druck-/Temperatur-Bedingungen entstehen dabei viele unterschiedliche Gesteine, die sich durch Mineralbestand und Gefügemerkmale unterscheiden lassen. Beispiele für häufige metamorphe Gesteine sind z. B.Gneise, Amphibolite oder Eklogite. Kommt es bei der Gesteinsumwandlung zu Teilaufschmelzungen (Anatexis), entstehen Migmatite.

Plutonische und metamorphe Gesteinsmassive sind in großen Tiefen in der Erdkruste gebildet worden. Sie werden erst lange nach ihrer Entstehung durch tektonische Geländehebungenund Erosion der überlagernden Gesteinsschichten an der Oberfläche sichtbar.

Kristallingesteinsformationen zeichnen sich durch eine hohe Festigkeit, sehr geringes Lösungsverhalten und hohe Temperaturbelastbarkeit aus. Endlagerbergwerke weisen daher eine hohe Stabilität auf, müssen aber wegen der Klüftigkeit der Gesteine mit geotechnischen Barrieren versehen werden.

Steinsalz

Der Untergrund Norddeutschlands ist reich an Salzvorkommen, die sich im Laufe der Erdgeschichte in Sedimentationsbecken durch Verdunstung (Evaporation) der im Meerwasser gelösten Salze gebildet haben. Insbesondere die vor ca. 255 Mio. Jahren gebildeten und primär bereits sehr mächtigen Salzgesteinsformationen des Zechstein haben durch Mobilisationsprozesse in den nachfolgenden Mio. Jahren einen großen Formenreichtum erfahren.

Die Lagerung der Salzgesteine lässt sich grundsätzlich unterteilen in die „flache Lagerung“, worunter eine weitgehend schichtparallele „ursprüngliche“ Lagerung zu verstehen ist und die „steile Lagerung“, die durch z. T. erhebliche Salzwanderungsprozesse und Akkumulationen entstanden ist. Als Strukturformen haben sich z. B. Salzkissen, Salzsättel, Salzstöcke und Salzmauern entwickelt. In diesen Strukturen sind durch Verformungs- und Bruchprozesse der Salzgesteine z. T. komplexe Lagerungsverhältnisse entstanden.

Salzformationen sind im Allgemeinen zyklisch aufgebaut. Ein kompletter Zyklus besteht aus einer charakteristischen Abfolge von Karbonaten wie Dolomit und Kalkstein, Sulfaten wie Gips bzw. Anhydrit sowie Steinsalz und Kalisalzen. Innerhalb der Salzformationen gibt es Unterbrechungen oder Wiederholungen von Zyklusteilen. Ziel der Suche im Rahmen des Standortauswahlprozesses sind weitgehend homogene möglichst mächtige Steinsalz­bereiche, die als schützende geologische Barriere dienen.

Steinsalz weist als Wirtsgestein eine Reihe von positiven Eigenschaften auf, wie z. B. eine hohe spezifische Wärmeleitfähigkeit und Temperaturbelastbarkeit sowie eine geringe Durchlässigkeit. Aufgrund der besonderen Eigenschaft des kriechenden Verformungsverhaltens werden die Abfälle mit der Zeit komplett eingeschlossen. Da Steinsalz eine hohe Löslichkeit gegenüber ungesättigten Lösungen aufweist, ist der zusätzliche Schutz durch einen günstigen Aufbau des Deckgebirges mit u. a. grundwasserhemmenden Gesteinengegen unterirdische Ablaugungsvorgänge in der Abwägung ein wichtiges Kriterium.

Bildreche: LBEG
Verfasst am 
25.9.2020